Das Rössli Illnau sagt Adieu: René und Vreni Kaufmann hören auf

lllnau-Effretikon Vreni und Rene Kaufmann gehen nach 16 Jahren als Pächter im «Rössli» Illnau in den Ruhestand. Sie hinterlassen ein grosses Erbe – und viele wehmütige Gäste.

Lea Chiapolini


„Es war so schön mit euch!“» oder „Ihr dürft nicht gehen!“, so oder ähnlich tönt es derzeit täglich an fast jedem Tisch im lllnauer Res­taurant Rössli. Sogar am Nach­mittag um 15 Uhr sind praktisch alle Plätze besetzt und die Gäste nach wie vor am Essen. Ihnen bleiben nur noch wenige Tage, um sich vom Wirtepaar Vreni und René Kaufmann zu verabschie­den. Denn am 31. Juli ist Schluss: Die Kaufmanns gehen nach 16 Jahren als Pächter im „Rössli“ in Pension. Bevor das Restaurant im November unter neuer Füh­rung wieder aufgeht, stehen Sa­nierungsarbeiten an.

Kräftezehrender Alltag

Der Entscheid, das „Rössli“ zu verlassen, sei ihnen schwergefal­len. René Kaufmann arbeitete gar über 30 Jahre als Koch im Res­taurant. „Aber wenn wir noch ein paar Jahre weitergemacht hätten, wäre der Abschied auch nicht einfacher geworden“, sagt Vreni Kaufmann. Es sei eine Kombi­nation verschiedener Umstände, die zum Entscheid, aufzuhören, geführt hätten. Einerseits die nö­tigen Bauarbeiten am Gebäude, andererseits die Gesundheit. «“Gastgeber und Koch zu sein, ist sehr kräftezehrend“, sagt René Kaufmann. „Man ist ständig und bis tief in die Nacht auf den Beinen und bewegt sich regelmässig zwischen Temperaturen von bis zu 60 Grad in der Küche und minus 20 im Tiefkühler.“ Er habe mittlerweile unter anderem Arthrose in den Knien.

Der Hauptgrund, jetzt einen Schlussstrich zu ziehen, sei aber das Pensionsalter von Vreni Kauf­mann. Sie ist dieses Jahr 64 ge­worden. René Kaufmann ist zwar etwas jünger, aber für ihn ist klar: „Das Leben soll zusammen weitergehen – zuerst hatten wir gemeinsam Kinder, dann das „Rössli“ und jetzt die Pension.“ Dabei ziehe sich ein Satz durch sein ganzes Leben: „Es isch guet usecho – beruflich und privat. Und so soll es auch weitergehen.“

Mehrere Auszeichnungen

In ihrer Zeit als Pächter im „Rössli“ haben die Kaufmanns viele Erfolge gefeiert. Neben Gault-Millau-Punkten gewann René Kaufmann auch Auszeich­nungen wie den Gastrostern 2017 oder Lehrmeister des Jahres 2016. Letztere ist für ihn am be­deutendsten. „Der Gastrostern ist zwar so etwas wie der Oscar in der Branche, aber darunter kann sich sonst niemand etwas vorstellen.“ Sein Wissen weiter­zugeben, sei für ihn dagegen ein zentraler Teil seiner Arbeit.
Doch auch viele Veränderun­gen im Gastrobereich haben die beiden miterlebt. Dass das Wirte­patent abgeschafft wurde, sieht René Kaufmann als grossen Ver­lust für die Branche an. „So fehlt einfach die nötige Fachkompe­tenz, und es ist nicht verwunder­lich, dass viele Restaurants nach kurzer Zeit wieder schliessen.“
Andere Neuregelungen, wie etwa die Einführung des Rauch­verbots, begrüssen die beiden hingegen. „Bereits vor dem Ver­bot hatten wir entschieden, das À-la-carte-Restaurant rauchfrei zu führen“, sagt Vreni Kauf­mann. Und René Kaufmann fügt an: „Das hat „Riiselämpe“ mit einigen Gästen gegeben. Aber manchmal muss man den Mut haben, etwas durchzuziehen.“

Vermehrt fleischlose Speisen

Auch darauf, dass die Gäste mitt­lerweile mehr vegetarische oder vegane Gerichte wünschen, ha­ben sie reagieren müssen. „Wür­den wir noch einige Jahre weiter­machen, müssten wir die Karte sicher noch stärker überarbei­ten“, sagt Vreni Kaufmann.
Die Bedürfnisse der Gäste ernst zu nehmen und auf sie zu reagieren, sei für sie selbstver­ständlich gewesen. „Wir hatten immer auch glutenfreies Brot, laktosefreien Rahm oder Milchalternativen zur Hand“, sagt René Kaufmann. „Und wenn je­mand sein Steak so durchgebra­ten wie eine Schuhsohle wollte, dann bekam er es auch so – auch wenn es im Kochherz schmerzt.» Nur in einem Bereich liessen sie nicht mit sich reden: „Insekten kamen uns nie in die Küche.“

Viele Verabschiedungen

Nun freut sich das Paar darauf, auch vermehrt in andere Restau­rants einkehren zu können. Ge­naue Pläne, wie ihr Ruhestand aussehen soll, haben die beiden allerdings noch nicht. „Wir ge­hen es ruhig an“, sagt Vreni Kaufmann. Angst vor Langeweile haben sie keine.
„Wir müssen erst einmal ler­nen, nur für zwei Personen ein­zukaufen“, sagt René Kaufmann. In der Küche sei die künftige Arbeitsteilung bereits jetzt klar, sagt Vreni Kaufmann. „Ich mache Salat und „Herdöpfel“, René macht Fisch und Fleisch – aber alles ein wenig einfacher als im Restaurant.“

Bis es so weit ist, sind die Arbeitstage indessen noch inten­siver als bisher. „Alles braucht mehr Zeit, weil so viele Gäste extra noch einmal vorbeikommen, um sich bei uns zu verabschieden“, sagt René Kaufmann.

Familie, Freunde, Freizeit

Würden die beiden noch einmal von vorne beginnen, würden sie nichts anders machen, betont Vreni Kaufmann. „Wir haben im Leben das gefunden, was uns glücklich macht – so arbeitet man gar nie, auch wenn man zwölf Stunden am Herd steht“, sagt René Kaufmann. Und trotz­dem: „Seit dem Entscheid, auf­zuhören, habe ich gemerkt, dass sich plötzlich andere Bedürfnisse melden: die Familie, die Freunde, die Freizeit.“

Wenn das „Rössli“ im No­vember unter der Leitung von Rainer Hoffer seine Türen wie­der öffnet, werden die ehe­maligen Pächter nicht zu den ersten Gästen gehören. „Wir wol­len unseren Nachfolger ja nicht nervös machen“, sagt Vreni Kaufmann. „Aber wir werden früher oder später sicher vorbeischauen.“

Herausgeber: Zürcher Oberländer